Freitag, 27. Oktober 2017

Bonuszahlungen für individuelle Leistung werden zunehmend abgeschafft

Die Alternativen sind allerdings kaum besser

Diesen Blog habe ich vor fünf Jahren unter anderem mit einer kritischen Diskussion von Zielvereinbarungssystemen begonnen. Seither habe ich mich immer wieder gegen diese oder andere Arten von sogenannter leistungsorientierter Bezahlung ausgesprochen. Nun hört man vermehrt davon, dass vor allem große Unternehmen Bonuszahlungen für individuelle Leistungen abschaffen.
Seit einem Jahr verzichtet beispielsweise Bosch auf individuelle Prämien. Auch dieses Unternehmen hatte in der Vergangenheit das Erlebnis, dass in einem Krisenjahr die Zielerreichung über alle Führungsebenen hinweg im Mittel bei mehr als 140 Prozent lag. Exakt dieselbe Erfahrung kenne ich aus einem anderen Unternehmen. Das Unternehmensergebnis war deutlich abgesunken, aber der Zielerreichungsgrad der außertariflichen Angestellten lag auch hier fast bei 140 Prozent.
Manche Führungskräfte haben das mit der Bemerkung gerechtfertigt, dass sie sich ja trotzdem individuell engagiert hätten. Im Gegenteil, die schwierige Lage hätte sogar größere Anstrengungen erfordert, was dann auch höhere Prämien rechtfertigen würde. Diese schon an Zynismus grenzende Erklärung zeigt deutlich, dass es den Betreffenden zunächst einmal um den eigenen Geldbeutel geht und dann erst um das Wohl des Unternehmens. Allein das wäre schon Grund genug individuelle Prämien abzuschaffen.
Die Gründe, warum individuelle Prämien abgeschafft werden, können jedoch nicht alle überzeugen. Zwei davon sind aus meiner Sicht richtig: Die sogenannten Performance-Management-Systeme sind in Konzeption und Handhabung gewöhnlich sehr aufwendig. Zweitens ist der übliche Jahresrythmus für die Beurteilungs- oder Zielerreichungsgespräche angesichts zunehmend kurzfristig wirksamer Einflüsse auf die vereinbarten Ziele mittlerweile oft zu lang.

Individueller Egoismus wird durch Gruppenegoismus abgelöst.

Was allerdings wenig Sinn macht, ist das Argument man wolle mehr die Gruppenleistung fördern angesichts zunehmender Projektarbeit. Damit fördert man dann anstatt des Einzelegoismus den Gruppenegoismus. Das kann ich aus meiner eigenen  Erfahrung bei der Einführung von Gruppenarbeit in der Produktion bestätigen. Auch die Berechnung der Prämien dürfte schwieriger werden, insbesondere, wenn die Teammitglieder - wie immer propagiert - in wechselnden Projektgruppen arbeiten oder ein Mitarbeiter gleichzeitig in zwei oder gar mehr Teams arbeitet.

Die Alternative: der Spot-Bonus - und der Nasenfaktor ist wieder da.

Mit dieser Art der Prämie können besondere Leistungen relativ spontan, anlaßbezogen, belohnt werden. Der Vorgesetzte hat dann ein Budget zur Verfügung, das er nach eigenem Ermessen ausgeben kann. Man muss sich schon wundern. Jahrzehntelang haben sich die relevanten Fachleute bemüht, Entgeltsysteme zu kreieren, die den Nasenfaktor ausschließen und nun hält er mit einem flotten Etikett wieder Einzug. Die Nachteile sind schon lange bekannt. Wenn ein Chef ein derartiges Budget hat schöpft er es auch aus. Es wird als Ersatz für Gehaltserhöhungen missbraucht und über einen längeren Zeitraum wird es auch zu "Gießkanne". Dann war jeder mal dran mit einer Prämie. Der Chef will Unzufriedenheit vermeiden und auch nicht immer denselben etwas geben.

Wie honoriert man dann die sogenannten Leistungsträger?

Das ist das meist gehörte Argument zur Verteidigung von individuellen Leistungsprämien.  Dabei ist inzwischen hinreichend bekannt, dass es "Leistungsentlohnung" kaum gelingt Leistung zu entlohnen. Beispiel Beurteilungsysteme, bei denen die Ergebnisse regelmäßig ins Positive verschoben sind. Prämien, egal in welchen Systemen nivellieren sich irgendwann auf gehobenem Niveau und bleiben dort stehen. Von differenzierender Honorierung der Leistungsträger kann keine Rede sein.
Dennoch ist die Frage berechtigt: Wie soll man individuelle Leistung anerkennen?
Dazu einige Gedanken im nächsten Post.

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