Freitag, 1. September 2017

"Prozesse und Tools an den Bedürfnissen von Mitarbeitenden ausrichten anstatt der Ausrichtung von Mitarbeitenden entlang der Vorgaben von Prozessen und Tools."

Geht das wirklich?

Es ist nicht überraschend, dass der Satz von einem Berater stammt ( F.A. Fratschmer, zit. nach HRM Manager, 24.8.). Er gehört zu einer mittlerweile leider gefestigten Management-Ideologie, die ihren Gläubigen immer noch weis machen will, dass "der Mensch im Mittelpunkt steht". Dabei hat das noch nie gestimmt.
Das Ziel eines Unternehmens ist in der Regel Gewinn zu erzielen. Dies tut es mit der Erzeugung von Produkten oder Dienstleistungen. Dazu werden Menschen gebraucht, die bestimmte Aufgaben erfüllen müssen. Diese sind im optimalen Fall so gestellt, dass sie der Gewinnzielerreichung dienen. Unter anderem müssen dazu allerdings auch die Bedürfnisse der Kunden berücksichtigt werden. Wenn die Beschäftigten Glück haben, kommen dann so allmählich ihre Bedürfnisse in den Blick. Die Nagelprobe, wie es wirklich damit aussieht, kann man im Falle von Kostensenkungsprogrammen machen. Wer steht dann meist im Mittelpunkt? Genau, der Mitarbeiter, der Geld kostet und den man eventuell einsparen kann.
Weniger negatives Beispiel: Stellen sie sich vor, sie kommen in ein Krankenhaus, dessen Prozesse und Tools entlang den Bedürfnissen seiner Mitarbeiter ausgerichtet sind und dann erst nach ihren als Patient. Da würde ihnen vielleicht doch etwas mulmig.
Wenn der Spruch einigermaßen Realitätsgehalt hätte, dürfte es eigentlich auch keine Schichtbetriebe geben.
Es ist in unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung legitim und normal, dass Unternehmen Gewinne erzielen können und auch sollen. Die Menschen, die zu diesem Zweck beschäftigt werden, müssen sich in die Organisation einordnen - und nicht umgekehrt. Diesen Sachverhalt sollte man ehrlich und unvoreingenommen darstellen. Dann kann man den Mitarbeitern auch besser erklären, welche ihrer Bedürfnisse man erfüllen kann und welche möglicherweise nicht. Gewinnerzielung und Rücksicht auf die Interessen und Bedürfnisse der Beschäftigten müssen dabei kein Widerspruch sein. Das haben gerade wir in Deutschland mit unserer Mitbestimmungskultur bewiesen. Entscheidend ist, dass mit Wertschätzung geführt wird. Dann haben auch die Beschäftigten kein Problem damit, dass sie sich nach den Vorgaben von Prozessen und Tools richten müssen. Sie werden aber dann ein immer größer werdendes Problem damit haben, wenn sie merken, dass nur noch der Profit zählt.


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