Mittwoch, 6. November 2013

Führungsalltag - Zwei Beispiele aus dem Öffentlichen Dienst

Die Polizei in Baden-Württemberg hat in diesen Tagen mit zwei Aktionen in den Medien Aufmerksamkeit gefunden, die auch hier Erwähnung verdienen. Nun hat eine Polizeiorganisation andere Führungsstrukturen und auch ein anderes Führungsverhalten wie ein Industrieunternehmen. Es gibt jedoch Entscheidungen, die sind organisationsneutral und die Diskussion deshalb auch allgemein interessant.
Ein Polizeipräsident hat unmittelbar nach seinem Amtsantritt verkündet, dass er beabsichtigt Piercings und Tattoos (soweit sie sichtbar sind) bei Polizeibeamten zu verbieten. Das ist ein Verhalten, das wir vielfach auch in Unternehmen antreffen. Da kommt ein neuer Chef und trfft sofort eine plakative Entscheidung, die hohe Aufmerksamkeit erzielt. Ob diese Entscheidung Relevanz für den Erfolg seines Verantwortungsbereiches hat, ist ersteinmal nebensächlich. Hauptsache, es ist eine Duftmarke gesetzt. Mir ist als Bürger bisher nicht unangenehmen aufgefallen, dass Polizisten übermäßig mit Piercings ausgestattet wären. Natürlich wäre der Auftritt einer Polizistin mit einem Zungenpiercing nicht unbedingt angemessen. Aber ein Tattoo auf ihrem Oberarm würde heutzutage kaum jemanden stören. Abgesehen davon: Kann man PolizistInnen nicht soviel Eigenverantwortung zutrauen und ihnen eine entsprechende Sensibilität in der Ausbildung vermitteln, dass sie wissen, wie sie in der Öffentlichkeit aufzutreten haben? Und sicher gibt es in einem Polizeipräsidium auch dringendere und wichtigere Entscheidungen als über die Piercings der Beamten zu befinden - mit denen kommt man aber vielleicht nicht in die Zeitung.
Die zweite Entscheidung gilt sogar landesweit. Polizeipräsidien werden zukünftig nur noch mit Menschen besetzt, die "gelernte" Polizisten sind. Das wird so konsequent umgesetzt, dass in einem Präsidium, das von einer Juristin ohne praktische Polizeierfahrung geleitet wurde, nun ein ihr bisher unterstellter Polizeibeamter die Führung übernimmt und sie zukünftig in die zweite Reihe rückt. Da reibt man sich schon verwundert die Augen. In Unternehmen wird vielfach beklagt, dass bei Beförderungen das Fachwissen übergewichtet wird und hier wird es zum Prinzip erhoben - zumal es offensichtlich noch nicht einmal Kritik an den bisherigen Besetzungen der Polizeipräsidentenstellen gegeben hat. Worauf kommt es bei der Führung einer derartigen Organisation an? Muss ein Polizeipräsident einem Streifenbeamten noch erklären können, wie man einen Unfall aufnimmt? Kann eine Juristin mit Verwaltungserfahrung, Führungspotenzial und dem entsprechenden Führungspersonal an der Seite nicht auch ein Präsdium so führen, dass dabei wirkungsvolle Polizeiarbeit herauskommt?
Aber lästern sie jetzt nicht über die Polizei - vielleicht haben sie ja in ihrer Organisation schon einmal ansatzweise Ähnliches erlebt.

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