Mittwoch, 29. Juli 2015

Die toten HR-Pferde.....

......die immer noch fleißig weitergeritten werden.

Oder sollte man besser sagen, die zwar noch von emsigen HR-KollegInnen sorgfältig gestriegelt und gesattelt werden und dann auf die abgegraste Steppe gezogen, nur noch zu einem müden Trab fähig sind. Es ist erstaunlich, dass es in der HR-Welt immer noch Ideen gibt - von Theorien sollte man besser nicht reden -, die immer wieder disktuiert und angepriesen werden, die sich in der praktischen Umsetzung aber noch nie nachhaltig bewährt haben. Als da wären:

HR als marktwirtschaftlich orientierter Dienstleister

Diese Idee ist schon jahrzehntealt, hält sich aber unverdrossen in der Diskussion und wird immer wieder neu  aufpoliert. In ihr schwingt immer die Unterstellung mit, HR sei grundsätzlich eine unproduktive Einheit, die sich an administrative Aufgaben klammert und dadurch hohe und unkontrollierte Kosten verursacht. Also müsse man nur die Leistungen verpreisen und auf dem unternehmensinternen Markt anbieten, natürlich auch im Wettbewerb mit externen Anbietern. Einige Nachteile dieses Ansatzes und damit auch Gründe, warum das bisher nicht durchschlagend funktioniert hat, habe ich vorige Woche hier geschildert. Man kann Personalarbeit auch ohne ein solches, aufwendiges und umständliches Vorgehen effizient und effektiv betreiben. Ein Unternehmen, dass den Anspruch hat zumindest einigermaßen mitarbeiterorientiert zu sein, muss sich darüber klar sein, dass diese qualifizierte Personalarbeit Geld kostet und dass die Qualität nicht automatisch dadurch steigt, dass die Leistungen verpreist werden.

Business Partner Modell

Das Modell und den Begriff hat Dave Ulrich in die Welt gesetzt und damit für Verwirrung gesorgt. Nicht alles, was unter dieser Flagge segelt, folgt auch hundertprozentig seiner Lehre. Vielfach wurden nur Etiketten überklebt. Gerade die in Deutschland vielfach versuchte Aufspaltung der Personalerrolle in einen mehr strategisch ausgerichteten und einen administrativen Teil und diese Trennung auch organisatorisch durch die Einrichtung der Funktion des Business Partners zu verfestigen, muss als fehlgeschlagen gewertet werden. Der so geschaffene Business Partner hat nie "seine Rolle" und seine Identität in der Unternehmensorganisation gefunden. Zu diesem Konzept mehren sich allerdings mittlerweile auch die kritischen Stimmen. Trotzdem sieht man in HR Stellenangeboten immer noch Ausschreibungen die Business Partner suchen - was immer auch sich dann hinter diesem Begriff verbergen mag.


Strategische Personalplanung

So reizvoll und nachvollziehbar es sein mag, zukünftige Entwicklungen langfristig vorauszuplanen, so sicher ist auch das Scheitern dieses Unterfangens. Dass wir von einer hohen Komplexität umgeben sind und Flexibilität eine ausgeprägte Anforderung an Organisationen ist, ist ja nicht nur hohler Spruch. Dass man gerade mit Planung Komplexität zu reduzieren versucht, ist zwar menschlich verständlich, aber ebenso untauglich. Selbst die verhältnismäßig sichere Quote der Altersabgänge taugt kaum mehr als Planungsgrundlage, da heute niemand zuverlässig sagen kann, ob und wie die in fünf Jahren anstehenden Austritte ersetzt werden. Trotzdem versuchen wackere Personalleute immer wieder aus meist wässrigen unternehmensstrategischen Informationen Planungen abzuleiten. Beflügelt werden sie in ihrem Bemühen noch durch die Entwicklung der Informationstechnologie, die ihnen die Möglichkeit gibt, noch größere Zahlenmengen zu verarbeiten. Der Aufwand, der in ein solches Instrument gesteckt werden muss, wird von den Verfechtern gerne in Kauf genommen. Und wenn durch ein kurzfristig aufgesetztes Umstrukturierungsprojekt die Strategie mal kurz über den Haufen geworfen wird, läuft die strategische Personalplanung trotzdem weiter. Sie wird ja jedes Jahr "rollierend" überarbeitet.

Performance Management

Hier höre ich den lautesten Aufschrei: "Performance Management...tot?" Von außen betrachtet wirkt das Instrument in der Tat am lebendigsten. Kaum eine Woche in der nicht irgendwo das hohe Lied darauf gesungen wird. Immer wieder werden neue Varianten entwickelt und unter klangvollen Namen vor allem von Beratern unter die Leute gebracht. Um im Bild zu bleiben: es ist das Pferd, das am attraktivsten hergerichtet wird. Das ist nicht verwunderlich. Die Leistung der Beschäftigten zu messen um sie dann mit einer bestimmten Methode zu steigern, klingt natürlich verheißungsvoll, wenn man den Unternehmenserfolg verbessern will. Warum also ist das Pferd tot? Weil noch noch nie seriös und belastbar nachgewiesen wurde, ob und wenn ja, welchen Einfluß die Aktivitäten des Performance Management tatsächlich auf das Unternehmensergebnis haben. Wie korreliert das Ergebnis des Beurteilungssystems mit dem Ergebnis des Unternehmens? Da alle Beurteilungssysteme dieser Welt eine ins Positive verschobene Ergebniskurve haben, ist allein schon das ein Hinweis, wie begrenzt die Wirkung des Instruments auf das Geschäftergebnis ist. Oder wie kommt es, dass der durchschnittliche Zielerreichungsgrad bei über hundert Prozent liegt, das Ergebnis aber zurückgegangen ist? Trotz dieser Hinweise wird keine unvoreingenommene, kritische Betrachtung dieser Instrumente durchgeführt.

Darum liebe Personaler laßt diese Pferde endlich in Frieden ruhen. Gebt eure Verliebtheit in wuchtige Instrumente auf. Ihr leistet damit einen wesentlichen Beitrag zu Reduzierung von Komplexität und spart Zeit und Geld. HR wird einfacher und ihr könnt euch einer wesentlichen Aufgabe widmen: die Führungskräfte in ihrer Führungsaufgabe zu fordern und zu fördern.


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