Freitag, 5. Dezember 2014

Das Strategie-Paradox

"Jetzt müssen wir auch noch zu diesem Strategieworkshop..." Wie oft haben sie diesen Seufzer schon gehört oder selbst ausgestoßen? Im Zweifel haben sie das alles schon einmal - oder gar mehrmals ? - mitgemacht. Jede Menge Vorbereitungsarbeit, Zahlen müssen vorbereitet werden, dann die Stärken-Schwächen-Analyse und in der Endphase Formulierungsdiskussionen. Und dann? Ein Jahr später - findet eine Revision statt? Oder traut sich dazu keiner mehr, weil man schon das dumpfe Gefühl hat, das kann man größtenteils schon wieder vergessen?

Ganz schwierig wird es, wenn aus einem derartigen Strategieprozeß organisatorische Änderungen hervorgegangen sind. Die kann man nicht einfach so rückgängig machen. Spätestens in fünf Jahren führt dann kein Weg mehr daran vorbei: Eine neue Strategie muss her. Wenn die Mitarbeiter, die lange genug dabei sind, nach dem dritten Strategiewechsel entweder nur noch mit den Schultern zucken oder mit einem subversiven "Das geht auch wieder vorbei" in ihrem Arbeitsfeld versuchen, ihren Stiefel weiter zu machen, darf man sich nicht wundern.
Noch etwas umstrittener ist es mit der Vision. In einem ordentlichen Strategieprozeß wird auch über die Vision diskutiert. In einer solchen über die Vision einer Personalabteilung wurde der Satz formuliert: Wir wollen in fünf Jahren zu den besten HR-Bereichen unserer Branche zählen. Das ist natürlich Unsinn. Wie will man das messen und woran will man so etwas festmachen? Da fällt einem natürlich Helmut Schmidts Satz ein, "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen." Abgesehen davon, ob und zu welcher Gelegenheit er das gesagt hat. Er selbst ist auch das beste Gegenbeispiel dazu. Er hatte durchaus eine Vision von Politik, davon wie sie zu betreiben sei.
Um nicht weiter zu polemisieren. Jede Organisation und auch jedes Unternehmen braucht eine langfristige Orientierung und es ist auch notwendig über diese Orientierung immer wieder zu diskutieren, sie auf die Probe zu stellen. Aber dann nur über die wirklich strategischen, langfristigen Aspekte. Der Begriff der Strategie wurde inflationiert. Hören sie einmal genau hin, wie oft das Adjektiv strategisch unpassend eingesetzt wird. (Aktuell droht ihm allerdings nachhaltig den Rang ab zu laufen.) Da wird gnadenlos Strategie mit Taktik verwechselt. Darum scheitern so viele Strategien. Weil sie in Wirklichkeit zu viele taktische Inhalte haben. Und die sind natürlich den aktuellen Gegebenheiten unterworfen. Ein wesentlicher Inhalt einer Strategie heute muss sein, wie man mit Veränderungen umgeht. Das muss langfristig gesichert sein. In einer Strategie kann keine Umsatzentwicklung zu einem Geschäftsfeld prognostiziert werden, das in den nächsten Jahren von politischen Einflüssen abhängig sein wird. Dann kann die Strategie möglicherweise Szenarien enthalten. Aber ist es dann noch eine Strategie? So muss es aber dann auch kommuniziert werden. Und nicht taktische Entscheidungen mit der entsprechenden Lyrik zur Strategie hochjubeln.
Da ist es besser auf Sicht zu fahren und das auch so darzustellen. Wenn das mit Kompetenz, Verantwortungsbewußstein und mit dem abstimmenden Blick auf den Kompass geschieht, ist das schon ein guter Ansatz.

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