Montag, 26. Mai 2014

Was ist "ungelenkte Serendipity"?

"Ungelenkte Serendipity" ist ein Erfolgskriterium zur radikalen Veränderung unserer Arbeit aus den "33 Regeln erfolgreicher digitaler Pioniere" die Microsoft veröffenlicht hat. Serendipity bedeutet nach Wikipedia die "zufällige Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem, das sich als neue Entdeckung erweist". Die Entdeckung Amerikas wird als Beispiel für Serendipity genannt. Ich muss gestehen, ich kannte den Begriff bisher nicht. In Regel 31 von Microsoft heißt es:
Früher galt Komplexitätsreduktion durch Vorgesetzte und Strukturen als Erfolgskriterium. Heute ist es ungelenkte Serendipity.

Was soll denn das heißen? Geben wir uns der Komplexität hin in der Hoffnung plötzlich etwas Neues zu entdecken? Gerade die zunehmende Automatisierung von Prozessen ist das genaue Gegenteil von Serendipity.
Die 33 Regeln sind voll von solchen wohlklingenden Sprechblasen. Regel 7:
Früher haben Mitarbeiter ihren Selbstwert aus ihrem Status bezogen ("Was bin ich?"). Heute zählt Leidenschaft und Reputation ("Was kann ich?")
Abgesehen von der falschen Grammatik, das wäre in der Tat revolutionär: Status verliert an Bedeutung. So ganz sind Microsoft und der Autor Markus Albers offenbar selbst nicht davon überzeugt, denn Regel 33 lautet:
Früher war das Unternehmens-Handy ein Statussymbol. Heute ist es die Erlaubnis, sein eigenes Smartphone und Tablet benutzen zu dürfen (bring your own device).
Glücklich wer das geschafft hat: die Beschäftigten bringen ihr Werkzeug wieder selbst mit. Die Controller werden sich freuen. Am Ziel ist, wer seine Führungskräfte davon überzeugt hat,  dass die Benutzung des eigenen Autos mehr Status bedeutet als der Firmenwagen.
Manche Regeln verkaufen mit ihrer Früher-Heute-Gegenüberstellung alte Hüte als revolutionäre Entwicklung.
Regel 5:
Früher haben Mitarbeiter Befehle befolgt. Heute fordern sie immer mehr Eigenverantwortung.
Oder Regel 8:
Früher haben Vorgesetzte Gehorsam gefordert. Heute stärken gute Vorgesetzte Autonomie und Entscheidungsbefugnis ihrer Mitarbeiter.
Wie lange wird das schon in Managementratgebern gepredigt? Die Tatsache, dass es immer noch und immer wieder gefordert wird, zeigt wie weit wir auf diesem Weg gekommen sind. Dass ausgerechnet die digitalen Pioniere, die die Arbeitswelt mit solch wolkigen Sprüchen zukleistern, hier Veränderung schaffen, erscheint unwahrscheinlich.
Zum Anschluss noch Regel 6
Früher haben die Mitarbeiter Strategien exekutiert. Heute agieren sie selbst unternehmerisch.
Man muss sich direkt Sorgen um die Firma Microsoft machen. Hoffentlich sind diese 33 Regeln nicht schon eine Auswirkung davon, dass die Mitarbeiter sich nicht mehr an die Unternehmensstrategie halten sondern unternehmerisch handeln.

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