Mittwoch, 7. Mai 2014

Empathie

Eine der am häufigsten von Führungskräften geforderten Eigenschaften - mit Recht. Doch wie ausgeprägt zeigt sich Empathie in der Unternehmenswirklichkeit? Wie weit wird sie überhaupt zugelassen? Empathie bedeutet, so auszugsweise Wikipedia: "Gedanken, Motive, Emotionen des Mitmenschen zu erkennen und zu verstehen". Es geht darum, offen zu sein für den Anderen, sich in seine Situation zu vesetzen.

Von älteren Mitarbeitern habe ich früher oft Beispiele gehört, wies sie anerkennend von damaligen Direktoren gesprochen haben, die durch die Werkshallen gingen und sich nach dem Befinden z.B. auch der Kinder oder der Ehefrauen erkundigten. Andererseits habe ich es selbst oft genug erlebt, dass auch direkte Vorgesetzte bei persönlichen Gesprächen nur sehr selten nach dem Befinden des Gegenüber gefragt haben. Selbst bei längeren Autofahrten mit höherrangigen Managern, bis hin zu Vorstandsvorsitzenden, reden diese meist von sich selbst ohne sich für den Anderen zu interessieren. Gewiss will nicht jeder über sein Privatleben reden, insbesondere nicht mit dem Chef. Aber es gehört auch zur Empathie dafür sensibel zu sein, zu wissen, worüber der Mitarbeiter lieber nicht reden will. Ich habe noch nie einen Mitarbeiter erlebt, der nicht ein Lieblingsthema gehabt hätte, auf das man ihn ansprechen konnte. Auch der Mitarbeiter, der wenig Privates von sich preisgeben will, will trotzdem als Mensch wahrgenommen werden. Er will Anerkennung und Interesse spüren, wertschätzend behandelt werden.
Sogar Wikipedia weist darauf hin, dass Empathie gegenüber dem Anderen auch Empathie gegenüber sich selbst erfodert. Wer seine eigenen Emotionen und Gefühle nicht zuläßt, der nimmt sie auch nicht bei Anderen wahr.
Jetzt kommen schon die Einsprüche: im Arbeitsleben sind Gefühle nur hinderlich. Zahlen, Daten, Fakten sind maßgebend. Nur die Leistung zählt. Gerade damit fängt das Problem an. Die vermeintliche Objektivität, die nur nach dem fragt, was messbar ist, läßt in der Tat keine Gefühle mehr zu. Gefühle aber gehören zum Menschen dazu, auch in seiner Arbeitssituation. Ohne positive Gefühle verkümmert auch die Motivation. Nur eine bessere Messgröße erreichen zu wollen, reicht auf die Dauer nicht aus.
Damit geht auch das nächste Missverständnis einher: Empathie ist etwas für Softies. "Es muss Druck auf dem Kessel sein", wie ein mir bekannter Vorstandsvorsitzender oft zu sagen pflegte. Dabei sind konsequentes Führungshandeln und Empathie keine Widersprüche. Auch Kritik bei Leistungsmängeln verträgt sich mit Empathie - sie wird vielleicht sogar wirkungsvoller, weil man sie gezielter adressieren kann. Weil man die Schwächen des Mitarbeiters besser kennt.
Man kann allerdings Empathie nicht nur vom Chef verlangen. Auch diesem gegenüber kann man sie als Mitarbeiter zu Ausdruck bringen.

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