Mittwoch, 16. April 2014

Moderatoren-Mätzchen

Vor einigen Tagen war ich Teilnehmer einer moderierten Veranstaltung. Womit startete die Moderatorin den Workshop? Mit der Frage: "Was erwarten Sie von dieser Veranstaltung?" Auch wenn diese Frage zum Standardeinstieg für viele Moderatoren gehört, sind die Teilnehmer gewöhnlich auf sie nicht vorbereitet. Es folgen dann reihum mehr oder minder krampfhafte und erhellende Äußerungen wie: "Ich wünsche mir eine faire und offene Diskussion...".
Im Falle der erwähnten Veranstaltung war diese Einstiegsfrage wenigstens noch einigermaßen sinnvoll, da die Teilnehmer freiwillig gekommen waren, die Teilnahme "offen" ausgesschrieben und der Kreis auch entsprechend heterogen war. Was soll sie aber beispielsweise bei einem firmeninternen Workshop, bei dem das Thema vorgegeben ist und die Teilnahme für die Beteiligten Pflicht? Die Antworten fallen in der Regel noch krampfhafter aus. Die ausgeprägteste Erwartung bei der Mehrzahl der Teilnehmer dürfte wohl sein, dass das Ganze möglichst schnell vorbeigeht. Das sagt aber natürlich keiner
Wichtiger und notwendiger wäre es in vielen Fällen, dass der "Veranstalter" seine Erwartungen an die Teilnehmer artikuliert - und zwar klar und eindeutig. Das wird seltsamerweise oft vernachlässigt.
Was passierte am Schluß? Genau: die Moderatorin forderte zum "Abschlußblitzlicht" auf. Wohltuenderweise war es keine Zwangsrunde, bei der jeder sich äußern sollte - auch das gibt es heute noch. Wer wollte, konnte sich melden. Nach etwas zögerlichem Anlauf kamen dann doch zahlreiche Meldungen - alle durchweg positiv, nur eine mit leicht kritischem Anklang. Sonst kam nur Lob.
Das habe ich eigentlich noch nie anders erlebt. Vor allem, wenn die ersten Meldungen positiv sind, traut sich keiner mehr etwas anderes zu sagen.
Leider arbeiten viele Moderatoren nach einem ähnlichen Schema und wenden das bei jeder Veranstaltung an, unabhängig davon, ob es sinnvoll ist oder nicht. Vielleicht kommt daher ein Teil der Abneigung vor derartigen Meetings: den Eingeladenen sind diese Prozeduren lästig.
Dennoch möchte ich hier unbedingt dazu raten, nicht nur Seminare oder Workshops moderieren zu lassen sondern auch Besprechungen. Insbesondere wenn es um komplexere oder gar kontroverse Themen geht. Eine auch nur halbwegs professionell moderierte Besprechung läuft immer besser und ist wirkungsvoller als eine, die es nicht ist. Auch Chefs, die als Veranstaltungsleiter fungieren, sind leider in den seltensten Fällen geeignete Moderatoren, besonders dann nicht, wenn sie den Hierarchen raushängen lassen. Der Moderator muss allerdings auch die Standfestigkeit haben, anwesende Hierarchen auf die Einhaltung der Regeln hinzuweisen. Dann wird jede Besprechung an Effektivität und Effizienz gewinnen - vorausgestzt der Moderator spart sich seine Mätzchen.

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