Montag, 17. Februar 2014

Wertlose Wertekataloge

Was sind Unternehmenswerte wirklich wert?

Es ist aller Ehren wert und sehr anzuerkennen, wenn Unternehmen sich mit Werten auseinandersetzen und sich fragen, woran wollen wir uns orientieren, wenn wir unser Geschäft betreiben? Ich meine das ohne jegliche Ironie, gehe aber davon aus, dass es den Beteiligten wirklich ernst ist. Es ist ja nichts dagegen einzuwenden, eine ernsthafte Wertediskussion zu führen und die Ergebnisse auch zu vermitteln. Den Mitarbeitern gegenüber muss man es sowieso tun und in der Öffentlichkeit verstärkt es den positiven Eindruck vom Unternehmen. Wertedarstellung darf sich aber nicht nur auf die Darstellung beschränken, es muss auch danach gehandelt werden. Veröffentlichte Werte, zu denen sich auch die Unternehmensleitung bekennt, haben immerhin den Vorteil, dass sie als Messlatte dienen können nach er man das tatsächliche Handeln beurteilen kann. Da fängt aber die Krux schon an. Was hat es für Konsequenzen, wenn die Mtarbeiter immer wieder merken, dass es mit dem in keinem Wertekatalog fehlenden Vertrauen bei den Führungskräften hapert.
Oder die vielbeschworene "offene Kommunikation". Jeder hat daran andere Erwartungen - keiner ist zufrieden. Wertekataloge sind unverbindlich, kaum wirklich einforderbar schon gar nicht einklagbar, Nichteinhaltung weitgehend konsequenzlos.
Schauen wir uns beispielhaft den Wertekatalog der Firma Continental an. Die Continental-Leute mögen mir verzeihen, wenn ich diesen hier zitiere. Ich bin mir sicher, dass meine Anmerkungen genauso gut auch auf etliche andere dieser Werke passen. Aufmerksam genacht hat mich ein Interview mit der obersten Personalchefin des Unternehmens im Handelsblatt vom 7.2..
Man hat sich die Werte Vertrauen, Gewinnermantalität, Freiheit und Verbundenheit auf die Fahne geschrieben. Nicht nur sprachlich drängt sich die Frage auf: Ist Gewinnermentalität ein Wert? Es wird zwar gesagt: "Wir wollen gewinnen" aber nicht "Wir wollen Gewinn erwirtschaften". Das geht die Krux weiter. Die Erwirtschaftung von Profit ist der oberste Unternehmenswert. Nur um den wird bei Wertekatalogen schamhaft drumherum geredet. Was ist, wenn dieser Wert nicht erreicht wird? Dann verlieren meist die anderen schön formulierten Werte schlagartig an Bedeutung.
So sagt auch die Personalchefin ehrlicherweise: "Verbundenheit kann nicht automatisch mit lebenslanger Arbeitsplatzgarantie gleichgesetzt werden...."
Unter Gewinnermentalität findet man überraschenderweise auch den Unterpunkt Qualitätsorientierung mit dem erhellenden Satz "Wir stellen Qualität in den Mittelpunkt unserer täglichen Arbeit". Es stimmt mich bedenklich, wenn ein Reifenhersteller das extra in seine Unternehmenswerte schreiben muss. Genauso unter Fairness: "Wir erzielen Erfolg unter Wahrung eines fairen Wettbewerbs...." Das sind Sätze, die sind so weich und unverbindlich, da kann jeder sofort zustimmend mit dem Kopf nicken.
Neben der klangvollen Unverbindlichkeit fällt auch hier die Krampfhaftigkeit auf, die solchen Katalogen oft zu eigen ist. Man kann sich förmlich die Brainstormings in den Workshops vorstellen, in denen Grüppchen von Managern versucht haben passende Werte auf den Flipchart zu quälen.
Dabei könnte man sich das alles sparen. Jeder Beschäftigte - und hoffentlich auch die Führungskräfte - bringen doch aus ihrer Erziehung Werte mit, nach denen sie leben. "Wert"-schätzende Führung muss es ermöglichen, dass diese Werte auch bei der Arbeit gelebt werden können. Sie muss auch die möglicherweise kritische Diskussion zulassen, wie diese Werte im Verhältnis zur Gewinnerwartung stehen. Daraus entsteht ein Wertekonsens, wie das in vielen anderen Gemeinwesen auch funktioniert.
Wem das nicht reicht, wer unbedingt die geschriebene Regel braucht, der kann sich an Bewährtes halten:
Von der Goldenen Regel über die Kategorischen Imperative bis zu den Zehn Geboten ist alles gesagt, wonach sich auch ein Unternehmen richten sollte.


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