Montag, 13. Mai 2013

Probleme variabler Vergütung

Ich habe mich hier schon des öfteren kritisch mit variablen Vergütungsbestandteilen, bspw. Zielvereinbarungsprämien, beschäftigt. Nun kann ich auf unterstützende Argumentation zurückgreifen, die aus einer ganz unerwarteten Richtung kommt. In der ZEIT vom 2. Mai setzt sich der Philosoph Julian Nida-Rümelin mit Bonus-Zahlungen auseinander. Ihm geht es in seinem Beitrag um die fehlende wirtschaftsethische Begründung der Bonus-Debatte. Was er in diesem Zusammenhang kritisch anmerkt, kann auch grundsätzlich gegen die überzogene, auf detaillierten Kennzahlen basierende, Variabilisierung von Entgeltbestandteilen eingewendet werden. Zwei Gesichtspunkte: Das Streben nach dem persönlichen Bonus erzeugt eine "Konkurrenzkultur", die Nachhaltigkeit und Kooperation gefährdet. "Die Ausrichtung des gesamten ökonomischen Verhaltens an quantitativ präzisierten Kriterien gefährdet die Kooperationsbereitschaft und die Loyalität der Mitarbeiterschaft als Ganzes. Am Ende kommen einigen wenigen hohe Boni zugute, die aber Ergebnis einer gemeinsamen Praxis sind, für die in der Regel gilt, dass der individuelle Erfolgsanteil kaum bestimmbar, geschweige denn quantitativ berechnet werden kann." Zweiten wird durch Bonussysteme die Anerkennung von Leistung "in Anreizsysteme zur detaillierten Steuerung individuellen Verhaltens" überführt. "Jede einzelne Handlung wird im Extremfall unter Optimierungsgesichtspunkten bewertet und damit erodieren die Voraussetzungen für ökonomische Erfolge, wozu verlässliche Kommunikation und vertrauensvolle Kooperation gehören...Die umfassende Instrumentalisierung von Individuen ist inhuman."
Nida-Rümelin bringt damit auch den Effekt zum Ausdruck, den ich auch schon hier beschrieben habe: Persönliche Führung wird auf Zielvereinbarungssysteme delegiert und damit auf Kennzahlenvereinbarung (im besten Fall) beziehungsweise Kennzahlenvorgabe (im Mehrheitsfall) und anschließender Kontrolle reduziert. Es wird in der Tat damit zunehmend versucht, die menschliche Arbeitsleistung weitgehend durch Kennzahlen zu erfassen und zu bewerten. Die schon totgeglaubte Akkordentlohnung steht in neuem Gewand und mit breiterer Anwendung wieder auf.
Eine Alternative wäre für mich alle Mitarbeiter, gestaffelt nach ihrer Verantwortungebene, am Unternehmensergebnis zu beteiligen und dabei zu berücksichtigen, dass der Bonus des Vorstandes in einem "vertretbaren" Verhältnis zu dem des Sachbearbeiters oder der Frau am Band steht. Das hätte zudem den Charme der Einfachheit.

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