Freitag, 7. Dezember 2012

Management by Regelung

Das beste Ersatzinstrument für Führung ist einen Sachverhalt zu regeln. Dort, wo es eine eindeutige und klar verständliche Regelung gibt, brauche ich als Führungskraft nur noch für deren Einhaltung zu sorgen. Vom Grundsatz her gibt es dann nur noch die Entscheidung, ob regelgemäß gehandelt wurde oder nicht. Eine eigene Entscheidung, wie und ob überhaupt und was zu tun sei, ist nicht mehr notwendig. Deswegen rufen so viele Führungskräfte und auch Mitarbeiter nach Regelungen. Für möglichst alle Situationen soll es eine Regelung geben. Wie oft habe ich die Frage gehört: Wo steht das?, wenn ich jemanden auf eine bestimmte Verhaltensweise hinweisen wollte. Ein eindrucksvolles Beispiel für ein solches Führungsersatzinstrument sind Arbeitszeitregelungen. Auch wenn flexible Arbeitszeitregelungen mittlerweile eine weite Verbreitung gefunden haben, sind sie doch vielen Führungskräften ein Dorn im Auge. "Die Mitarbeiter können ja machen, was sie wollen." "Ich habe gar keine Möglichkeit mehr zu kontrollieren." "Freitagsnachmittags ist eh keiner mehr da."

Dabei lassen Arbeitszeitbetriebsvereinbarungen in der Regel immer die Möglichkeit betriebliche Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Auch das vielgepriesene Home-Office wird von vielen Chefs im Grunde ihres Herzens mit Argwohn betrachtet. Zumindest solange, wie sie selbst noch keine Erfahrungen damit haben. Aber da es ja mittlerweile in ist und von der Firma vielleicht sogar gefördert wird, sagt man besser nichts. Außerdem ist es ja in einer Betriebsvereinbarung geregelt, da muß man mich sowieso dran halten.
Dabei ist das Verhältnis zu Regelungen durchaus zwiespältig. So sehr man einerseits nach Regelungen sucht, so sehr beklagt man sich andererseits über sie. Was wird  nicht über Tarifvereinbarungen, umständliche und komplizierte gesetzliche und sonstige Regelungen geschimpft. Gerade der betriebliche Alltag wird zunehmend durch Vorschriften aller Art bestimmt.
Dabei wird deutlich, je mehr geregelt wird, desto unsicherer werden die Leute - und desto mehr rufen sie dann nach "besseren" und neuen Regelungen, um dann doch bei nicht zur Regel passenden Situationen informell einen Bypass zu suchen.
Eine moderne Variante zu regeln, ist einen Prozeß zu gestalten. Alle betrieblichen Abläufe sollen möglichst in detaillierten Prozeßen abgebildet werden. Das kann sehr sinnvoll und sehr heilsam sein. Voraussetzung ist aber, dass der zugrundeliegende Vorgang in der Realität auch zu 90% so immer wieder vorkommt. Wenn ich weiß, dass immer wieder Sondersituationen auftauchen, kann ich die durch einen noch so guten Prozeß nicht einfangen.
Regelungen, Prozesse, Standards, Vorschriften, all das ist notwendig und sinnvoll. Die Zusammenarbeit in betrieblichen und sonstigen Organisationen ist leider und Gott sei Dank dadurch gekennzeichnet, dass hier Menschen zusammenarbeiten. Aber Regelungen sollen im Unternehmen nur im absolut notwendigen Mass einegesetzt werden. Bevor man etwas regelt, muß man sich die Frage stellen, brauche ich diese Regel wirklich? Oder gehört das zum Führungsverhalten der Vorgesetzten und zum eigenständigen und eigenverantwortlichen Arbeiten der Mitarbeiter?

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